Das sagte mir einst mein Sensei und irgendwie ist das hängengeblieben, auch wenn er als Kampfsportlehrer – zugegeben – etwas anderes darunter verstand.
Lehre hat auch immer etwas mit Emotionalität zu tun: Stichwort „affektive Faktoren“, wie Motivation, Interesse und Einstellung, die den Lernerfolg maßgeblich beeinflussen. Und ein bisschen emotional war es schon, als der zweite Durchgang der Fortbildung „Geprüfter Berufsspezialist für Elektronik Mobilität (IHK)“ zu Ende ging.
Mittlerweile haben alle Teilnehmenden, die zu den Prüfungen angetreten sind, diese auch erfolgreich gemeistert. Einige haben bereits neue Stellen bekommen oder in Aussicht, arbeiten selbstständiger und übernehmen mehr Verantwortung, wie wir von Vorgesetzten erfuhren.
Absoluter Pluspunkt der Fortbildung: Austausch und Netzwerk
Befragt nach den Mehrwerten, welche die Fortbildung aus Sicht der Teilnehmenden und ihrer Vorgesetzten bot, hatten alle Teilnehmenden eine Antwort gemeinsam: Der Austausch und das Netzwerk. Damit ist einerseits der Austausch der Teilnehmenden untereinander gemeint, andererseits auch der Austausch mit den Kontakten, die sie während der neunmonatigen Fortbildung knüpften (z.B. zu Fachexpert*innen, Industriepartnern, Dozierenden und Mitarbeitenden anderer Verkehrsunternehmen).
In der Praxis sah das so aus:
Bei der KVB schauten sich die Teilnehmenden des Wahlmoduls Kraftomnibusse die Verlegung der Kabel auf dem Dach eines batterieelektrischen Gelenkbusses an oder verglichen Wasserstofftankstellen und Ladeinfrastruktur in Frankfurt, Düren, Köln und Mannheim. Mit dem Industriepartner Kiepe Electric oder einem Dozenten der KVB probierten die Teilnehmenden des Wahlmoduls Schienenfahrzeuge neue Werkzeuge und Diagnosetools aus und staunten in Dortmund über ein neues Straßenbahnmodell. Bei der Rheinbahn bewunderten die Teilnehmenden des Wahlmoduls Leit- und Sicherungstechnik neue Arten, Module in Schaltschränke einzubauen, wurden in Köln durch Stellwerk und Tunnel geführt und begutachteten die Umsetzung von CBTC in Frankfurt. Und oft fragten sie sich dabei, wieso bisher noch niemand bei ihnen auf diese Ideen gekommen ist und ob und wie dies in ihrem Verkehrsunternehmen umgesetzt werden könnte. Es wurde sich ausgetauscht, bewertet und hinterfragt und ja, es wurde auch angeregt, übertragen und bestellt.
Neben diesem fachlichen Austausch war es aber vor allem der bemerkenswerte persönliche Austausch, der mir besonders im Gedächtnis geblieben ist. Mit Sicherheit ist das ein wesentlicher Verdienst des Gamification-Ansatzes und der Rallye UpGefahren (Mehr dazu im Blogbeitrag von Kim Möller vom 20.03.24).
Praxiserleben Hautnah
Was für ein Team!
Die gamifizierte Erweiterung der Fortbildung, die im August mit der Namensfindung (Team Kasalla, Team Beertrain Ultras und Team Signal-Raketen) und dem Basteln der Teamfahrzeuge begann, entwickelte eine ganz eigene Dynamik, die den Teilnehmenden durch die sicherlich auch anstrengenden Zeiten der Fortbildung half.
Als Lehrbegleitung hatte ich das Gefühl, dass die Gruppen immer mehr zu einer Einheit wurden, und es freute mich, zu sehen, wie sich die Teilnehmenden selbst proaktiv in die Gestaltung der Fortbildung miteinbrachten. Sie tauschten Notizen aus, unterstützten sich beim Lernen für die Prüfung, leiteten Kontakte weiter. Sie trafen sich sogar außerhalb der Lehrgangswochen und planten gemeinsame Unternehmungen in ihrer Freizeit.
Du brauchst noch Hilfe zum Thema Elektrotechnik?
Kein Problem, ich habe hier noch Übungen aus meiner Ausbildung, die können wir zusammen machen.
Du hast die Unterlagen nicht ausgedruckt?
Kein Problem, ich habe mir selbst einen Reader gemacht, das mache ich jetzt einfach für die ganze Gruppe.
Ein Dozent muss kurzfristig absagen?
Kein Problem, ihr seid ja ohnehin in meinem Verkehrsunternehmen, dann kann ich den anderen Teilnehmenden auch meinen Arbeitsbereich zeigen und noch ein paar Kollegen mit einbinden.
Es bricht Corona aus?
Kein Problem, wir haben eine WhatsApp-Gruppe, machen eine Telefonkette und informieren alle.
Ihr seid allein im Hotel in einer fremden Stadt?
Kein Problem, ich hole euch nach dem Lehrtag ab und zeige euch, wo es den besten Glühwein der Stadt oder ein spannendes Fußballspiel in der Nähe gibt.
Die Teams – bzw. die Wahlmodule – rückten mit der Zeit immer näher zusammen. Dass sie den Wettbewerb und die Challenges ernst nahmen, zeigte u.a. die sorgfältige Tupperdosen-Aufbewahrung des Fahrzeuges der Signal-Raketen oder die sehr viel robustere Umsetzung des Fahrzeuges der Beertrain Ultras als 3D-Druck.
Das Fahrzeug in der Brotdose
Ein Zug aus dem 3D-Drucker
Dies führte so weit, dass man sich gemeinsam innerhalb eines Teams an einem Lernort nach Schulungsende traf, um die vorletzte Challenge gemeinsam zu spielen, obwohl es sich dabei um ein asynchrones digitales Adventure handelte. „Zusammen machte es einfach mehr Spaß und so bekommen wir bestimmt alle Punkte“, sagte mir einer der Teilnehmenden ganz selbstverständlich.
Und so wurde der krönende Abschluss in Düsseldorf auch gebührend zelebriert mit einer Fahrt mit der Partybahn, die – wäre es nach den Wünschen der Teilnehmenden gegangen – nicht enden sollte. Die Teilnehmenden nahmen dabei das Wort „Party“ wörtlich und feierten das Ende der Fortbildung, aber auch ein bisschen sich selbst, während der Fahrer Ehrenrunde um Ehrenrunde drehte. Und das vollkommen zurecht!
Die Teilnehmenden feiern ihren Abschluss mit der Düsseldorfer Partybahn
Meine gewagte Prognose
Ich wage zu behaupten, dass hier nicht nur nachhaltige fachliche Netzwerke, sondern auch Freundschaften entstanden sind und das über Verkehrsunternehmen und Städtegrenzen, sogar über Wahlmodule hinweg. Bei allen messbaren Erfolgen, bestandenen Prüfungen, neuen Lohnstufen und Aufgabenbereichen ist auch das etwas, was nicht unerwähnt bleiben soll: Vielleicht, ganz vielleicht trug auch das zum Lernerfolg bei und wird sowohl den Teilnehmenden als auch dem Projektteam sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben.
Autorin
Katrin Sonntag
Katrin ist Bildungsreferentin und begleitete im InnoVET Projekt UpTrain die Fortbildung „Geprüfter Berufsspezialist / Geprüfte Berufsspezialistin für Elektronik Mobilität (IHK)“. Neben der Lehrplanung ist sie auch für die Evaluation verantwortlich und immer zur Stelle, wenn jemand Fragen zu Bildungssprache, Rechtschreibung oder Kommasetzung hat (und auch, wenn niemand danach fragt). Abseits der Fragebögen, Pläne und Rotstifte steht sie In ihrer Freizeit auf der Bühne und macht Musik, erweitert ihre Sneakersammlung oder stöbert auf Flohmärkten nach Schallplatten und Büchern.