UpTrain: Als ehemaliger Betriebsratsvorsitzender der KVB und jetziger Arbeitsdirekter bei DSW21 kennst du dich in der Branche ziemlich gut aus. Dazu kommen deine Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender des VDV-Akademie e. V. und der Vorsitz im Beirat des InnoVET-Projekts UpTrain. Welche wichtigen Eigenschaften braucht es bei einem so vielseitigen Aufgabengebiet?
Harald Kraus: Dass die Arbeit in der ÖPNV-Branche vielschichtig und herausfordernd ist, erlebe ich seit 1981, dem Beginn meiner Elektroniker-Ausbildung bei den SWB Bonn. Die Herausforderungen der Branche kenne ich daher aus erster Hand. Aber die Branche zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie lösungsorientiert ist und ihr Personal fördert. So konnte ich mir im Laufe der Jahre u. a. während langjähriger Betriebsratstätigkeit und eigenen Weiterqualifizierungen das nötige Rüstzeug erwerben, um viele Probleme bewältigen zu können. Neben fachlichen Kompetenzen sind dabei ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität und rascher Aufnahmefähigkeit wichtige Bausteine. Für mich ist es bei all meinem Handeln zudem hilfreich, aus konsequenter Überzeugung heraus zu Werke zu gehen: Das schafft Transparenz, Verbindlichkeit und die Grundlage für vertrauensvolle Zusammenarbeit. Diese ist für eine erfolgreiche Arbeit elementar! Bei DSW21 wie bei der VDV-Akademie darf ich mich zum Glück auf ein kompetentes und eifriges Team verlassen, das mich tatkräftig unterstützt.
UpTrain: Du begleitest seit Start des Projekts 2020 die Erprobung der beiden Fortbildungen „Geprüfte/r Berufsspezialist/in für Elektronik Mobilität (IHK)“ und „Master Professional in Technologischen Innovationsstrategien Mobilität (TIM)“. Welche Entwicklungsschritte waren für dich am spannendsten?
Harald Kraus: Da ich selbst einen Hintergrund in der Leit- und Sicherungstechnik besitze, sind für mich die thematischen Entwicklungen besonders spannend. Die kommenden technischen Neuerungen stellen uns vor Herausforderungen, bieten aber auch große Chancen – da begleite ich die Entwicklungen in der Branche sehr eng. Aber auch aus Branchensicht halte ich das UpTrain-Projekt für eminent wichtig: Gemeinsam mit Partner*innen aus Verkehrsunternehmen, Industrie und Hochschulbereich neue Berufsbilder zu entwickeln, ist ein zukunftsfähiges und arbeitsmarktpolitisch wichtiges Projekt, um dem technologischen und demografischen Wandel zu begegnen. Die angestrebten beruflichen Fortbildungen auf den neuen Fortbildungsstufen steigern die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit der Branche, die Implementierung der DiVA passt ins digitale Zeitalter und die stärkere Vernetzung zwischen den Projektpartner*innen nutzt letztlich allen Beteiligten. Langfristig bin ich auf das Roll-out der finalen Fortbildungen gespannt und kann mir durchaus weitere, ergänzende Fortbildungen dieser Art vorstellen.
UpTrain: Wie trägt das Projekt UpTrain deiner Meinung nach zu einer Lösung des aktuellen Personalmangels in der Branche bei?
Harald Kraus: Das Projekt leistet meines Erachtens einen wertvollen Beitrag gegen den Personalmangel: Zum einen wird im Projekt an innovativen, modernen Berufsbildern gearbeitet, welche dabei helfen, die Branche demografiefest aufzustellen. Zum anderen dokumentiert die Bereitschaft der teilnehmenden Verkehrsunternehmen, ihre Mitarbeitenden bei Bildungsangeboten zu unterstützen die Wertschätzung für jede und jeden Einzelnen. Die Branche bietet nicht nur krisensichere, sondern auch zukunftsfähige, interessante und höchst relevante Arbeitsplätze, gerade wenn es um die Bekämpfung des Klimawandels und die Implementierung neuer Technologien geht. Auch dies wird durch das UpTrain-Projekt – was ja von der Branche für die Branche entwickelt wird – unterstrichen.
UpTrain: Wie sieht für dich das Verkehrsunternehmen der Zukunft aus?
Harald Kraus: Die Bedarfe und Bedingungen für Verkehrsleistungen unterscheiden sich – allein in Deutschland – mitunter erheblich voneinander, daher ist die Frage nicht leicht zu beantworten. Ein paar Aspekte will ich dennoch benennen: In Zukunft werden Verkehrsunternehmen viel mehr multimodale Verkehrsleistungen anbieten. Dabei wird die Orientierung an den Nutzer*innen elementar sein, gerade angesichts einer alternden Bevölkerung. Deshalb wird ein Hauptfokus auf Barrierearmut liegen müssen, was nicht nur inklusive und individuellere Angebote umfasst, sondern auch geringere Umsteigezeiten zur Mobilitätserleichterung. Dafür ist wiederum eine Angebotsausweitung unabkömmlich. Die wachsenden digitalen Infrastrukturen müssen mit höchster Sensibilität im Umgang mit Daten, sei es der Kund*innen, sei es der Mitarbeitenden, betrieben werden. Mit Blick auf Letztere muss die Mitbestimmung ebenfalls geschärft und für zukünftige Herausforderungen wie die digitale Transformation gerüstet werden. Eine langfristige, stabile und auskömmliche Finanzierung der öffentlichen Hand ermöglicht dauerhaft eine adäquate integrale Verkehrsplanung und -gestaltung. Bei all dem ist gut qualifiziertes Personal zentral, das die Entwicklungen wesentlich mitprägt und trägt. Um dieses gewinnen und binden zu können, sind attraktive Arbeitsbedingungen und eine solide Finanzierung nötig.
UpTrain: Gibt es etwas, das du den aktuellen und zukünftigen Teilnehmenden dieser Fortbildungen abschließend mit auf den Weg geben möchtest?
Harald Kraus: Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit UpTrain kann ich allen Teilnehmenden nur zur Teilnahme gratulieren und allen anderen zur Teilnahme raten. Um ehrlich zu sein, bedauere ich ein wenig, nicht selbst noch in der Technik aktiv zu sein, um all die spannenden Neuerungen und Inhalte unmittelbar zu erleben. Darüber hinaus ist mir wichtig, dass bei aller im Einsatz befindlichen Technik Verkehr im Kern immer von Menschen erbracht wird. Daher begrüße ich, dass auch UpTrain letztlich Ausdruck der Investition in das eigene Personal darstellt. Ich wünsche allen Teilnehmenden spannende Seminarinhalte, gelingende fachliche und persönliche Entfaltung sowie eine anregende, nachhaltige Vernetzung in die Branche. Wir brauchen euch als gut qualifiziertes, motiviertes Personal und sind froh, dass wir daran gemeinsam arbeiten.
UpTrain: Vielen Dank für das Interview!